Gut, die hier ist nicht ganz ernst gemeint, auch wenn es Walter Dalrymple Maintland Bell wohl tatsächlich gegeben hat. (Berichtigt mich, wenn euer Schwedisch besser ist als meins)
Aber die hier ist echt:
Man bekommt hier so eine Plakette, wenn man es
1. nicht mehr in Stromness ausgehalten hat und mit dem nächstbesten Schiff abgehauen ist und dann
a) Schiffbruch erlitten hat
b) von Einheimischen entführt wurde
c) irgendeinen Flecken Erde erforscht hat, an dem es wirklich nicht schön ist
d) auf unliebsame politische Elemente aufpassen musste und
2. daraufhin schnurstracks zurückgekommen ist, weil Stromness doch nicht so schlimm ist.
Es gibt natürlich auch Ausnahmen, wie George Mackay Brown, der seine Plakette für sein besonders männliches Kinn bekommen hat.
Aber bleiben wir bei Eliza Fraser: Sie erlitt zusammen mit Ihrem Mann dem Capitän der Stirling Castle Schiffbruch vor Fraser Island an der Ostküste von Australien und wurde von Aborigines gekidnapped / aufgenommen. Ihr Mann ist dabei praktischerweise gestorben (worden) und wenn man die Berichte überfliegt, was damals passiert ist, scheint es eine wichtige Rolle zu spielen, dass man von den Aborigines nur dann akzeptiert wurde, wenn man sich nackt auszog. Bei anderen Eingeborenen war das nicht so sehr zu empfehlen, weil sie dann den Nabel sehen konnten und wussten, dass man auch nur ein Mensch ist, was zu sofortigen Übergrifflichkeiten führte. Aber das ist eine ganz andere Geschichte ...
Jedenfalls wurde Eliza Fraser von John Graham gefunden, einem ebenfalls nackten Verbrecher (hab ich noch ein Klichee über Australien ausgelassen?), der sie wahrscheinlich auf einem Känguru zurück in die Zivilisation gebracht und einen Koala geschenkt hat.
Inzwischen wieder vollständig bekleidet hat sie Kapitän Alexander Greene geheiratet und ist mit ihm nach England zurückgekehrt. Und hier fängt es an richtig interessant zu werden, denn die Stromnesser (Stromnessen? Stromnesen?) sind schlaue Leute und Eliza hat ihre Geschichte zu Geld gemacht. Tränenreich hat sie die arme Witwe gespielt, weil das in Sydney auch schon gut geklappt hat (dort hat man 400 Pfund für sie gesammelt). Und von dem Rummel um ihre Person wird sie auch profitiert haben. Ihr Haus in Stromness liegt direkt am Wasser und macht nicht den schlechtesten Eindruck auf mich: gute Lage, geldige Nachbarschaft.
Das Bewerbungsfoto von John Renton für seine Stelle als Entführungsopfer |
Egal, auf zum nächsten Abenteurer, der sogar einen Brunnen mit seinem Namen hat: Sir John Spencer Login. Seine Familie war, wie der Name schon sagt, dick im
Login hätte beinahe bei der letzten Expedition von Sir John Franklin mitgemacht (und wäre dann bestimmt von John Rae gefunden worden, aber dazu später mehr), arbeitete eine Weile als Schiffsarzt und heuerte dann 1832 bei der Ostindienkompanie an. Einige Zeit später holte man ihn als Privatlehrer / Vormund (bis 1858) zum 10jährigen Dunleep Singh, dem letzten Maharadscha der Sikh. Die Engländer hatten den 1846 den ersten Krieg gegen die Sikh gewonnen und Singh ging in die Verbannung nach London. Seine Lebensgeschichte ist ein ganz eigenes Abenteuer, aber hier geht es um Login. Seine Frau hat zwei Bücher über ihn geschrieben: Sir John Login and Doleep Singh und Lady Login's Recollections. Er muss ein ziemlich cooler Typ gewesen sein. Geborener Anführer, Wohltäter und dabei so bescheiden. Wenn er adelige Inder behandelte, wollte er partout die Elefanten und Tiger nicht als Geschenke annehmen. Komisch ...
Ah, ich könnte wahrscheinlich seitenweise so weiterschreiben, aber ich will euch den Entdeckerspaß nicht verderben. Außerdem bin ich noch nicht fertig. Es gibt noch mehr Persönlichkeiten.
Wir hätten da noch John Gow, einen Piraten, aber an den erinnert man sich hier nicht so gern. Außerdem die alte Bessie Mills (keine Ahnung, ob die eine Plakette bekommen hat), die guten Wind an die Seeleute verkauft hat. Was Sir Walter Scott bei ihr wollte, weiß ich nicht, vielleicht hatte er nach dem Genuss von zu viel Neeps and Tatties Probleme mit seinen eigenen Winden. Jedenfalls hat sie ihm von John Gow erzählt und er hat daraufhin The Pirate geschrieben.
Dr. John Rae |
Wenn das Wetter gut ist, kann ich von hier aus sein Geburtshaus sehen und da drüben in Orphir gibt es wenig mehr zu tun als zu Jagen, zu Segeln und sich für ein Leben als Abenteurer vorzubereiten. Raes Familie hatte Geld und so konnte sich John aussuchen, ob er Pfarrer oder Arzt werden wollte. Wahrscheinlich standen auch noch Kapitän oder Bankier zur Auswahl. Egal für was er sich entschieden hätte, auf einem Schiff wäre er so oder so gelandet.
Er nahm eine Art Ferienjob auf einem der Schiffe der Hudson's Bay Company an, das prompt einen Winter lang irgendwo in Kanada vom Eis eingeschlossen wurde. Das hat ihm so gut gefallen, dass er gleich dort blieb. Da er aber nicht jedesmal warten wollte, bis das Wasser eisfrei war, hat er sich irgendwann zu Fuß, im Hundeschlitten und im gerade frisch entwickelten Schlauchboot auf den Weg gemacht um die lauschigen Strände zu erkunden. Außerdem wollte alle Welt wissen, wo denn diese Nordwestpassage lag und irgendjemand musste ja danach suchen.
Um es vorweg zu nehmen: Er hat die Nordwestpassage gefunden, aber dummerweise hat er dabei auch herausgefunden, was mit Sir John Franklin passiert ist, bzw. dessen Crew auf den Schiffen HMS Terror und HMS Erebus. Ihr kennt die Geschichte bestimmt: Kälte, Dunkelheit, mit Blei vergiftete Dosennahrung, danach Tod, Wahnsinn und ein wenig Kannibalismus.
Lady Franklin haben diese Geschichten, die das Andenken ihres Mannes beschmutzen konnten, mitnichten amüsiert. Sie hat sogar Charles Dickens angeheuert, damit der - ganz untypisch für seinen sonst meist menschenfreundlichen Charakter - ein wenig über John Rae und die Inuit lästert. Deswegen steht das Denkmal für Rae heute in Stromness und nicht in London und ist auch eine Ecke kleiner als das von Franklin. Dafür entspricht der Text darauf der Wahrheit. Die schottische Regierung hat mal darum gebeten, dass das geändert wird, aber der Antrag muss wohl irgendwie in der Post verloren worden sein.
Aber zumindest hat Rae eine blaue Plakette in Kensington bekommen.
Schweinerei finde ich, denn er ist noch mit 71 Jahren durch die Wildnis von Island, Grönland und Kanada gestiefelt, hat sich weiterhin mit den Einheimischen angefreundet und von ihnen gelernt, wie man in der Kälte überlebt.
Anfangs hatte er noch leichte Probleme damit und hat sich mit seiner ersten Expeditionscrew in monatelanger, mühevoller Arbeit ein Haus nach orkadischem Vorbild gebaut - nur um dann festzustellen, dass es darin arschkalt ist und es sowieso kein Holz zum heizen gab. Daraufhin hat er sich von den Inuit zeigen lassen, wie man ein mollig warmes Iglu baut.
Zeitaufwand: eine halbe Stunde.
Das Steinhaus ist inzwischen nur noch eine Ruine, aber ich glaube auch wenn nicht, hätte ich Schwierigkeiten es von hier aus zu sehen ...
Du hast vergessen zu erzählen, dass sie die Ruinen von diesem Haus gefunden haben, einschließlich einer Kiste mit Whisky, den die Jungs damals vergessen haben mit ins Iglu zu nehmen. Jetzt freuen sich die heutigen Entdecker über den Fund ihres uralten Tröpfchens. So war das nämlich. Cheers!
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