Samstag, 29. März 2014

Farewell ...

Dienstag, 4. März 2014

Schottische Unabhängigkeit - Stichtag 18. September 2014

Am 18. September 2014 entscheiden die Einwohner Schottlands in einem Referendum, ob sie sich vom vereinigten Königreich lösen und einen eigenen Staat gründen wollen, oder nicht.

Achtung es geht jetzt gleich um Politik und es ist alles nicht so einfach, wie es sich anhört.

Ich war gestern wieder mal in der wunderbar wandlungsfähigen Stadthalle von Stromness, wo die Debating Society eine Debatte pro/contra Unabhängigkeit veranstaltet hat. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Eine deutliche Mehrheit der Anwesenden hat sich für die schottische Unabhängigkeit ausgesprochen.

Moment Mal! Schottland unabhängig? Schottland gehört doch zu Großbritannien? Nee, halt zum Vereinigten Königreich ... oder wie? Und was ist dann eigentlich England?

Ich muss ein wenig ausholen: Im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland läuft es ein wenig anders als in Deutschland. Korrigiert mich, wenn ich mich irre, aber bei uns wurde nach dem Zweiten Weltkrieg die Bundesrepublik fertig mit allen Bundesländern gegründet und später hat man die DDR nach diesem Schema als neue Bundesländer eingemeindet. Ich übergehe dabei mal die Problematik Sudetenland und Co. um es zu vereinfachen.

Im Vereinigten Königreich hingegen gibt es eine Struktur, die viel Zeit hatte zu wachsen und seltsame Blüten zu treiben. Deshalb gibt es zum Beispiel Gebiete wie die Isle of Man, die nicht Bestandteil des Vereinigten Königreichs sind, obwohl man als Tourist keinen Unterschied bemerkt, während andere den britischen Monarchen als Staatsoberhaupt haben, ohne dass das Einfluss auf die Politik haben würde.
Also: Es ist kompliziert.

Zurück zu Schottland. Schottland war bis 1707 ein eigenständiger Staat, hatte aber schon seit 1603 keinen eigenen König mehr auf dem Thron. (Warum manche glauben, dass heute ein Bayer darauf sitzen sollte, könnt ihr unter dem Stichwort Jakobiten nachlesen. Als ob es nicht schon kompliziert genug wäre ...)
Danach wurde es mit dem Königreich England vereinigt.

Das bedeutet, dass es danach erst mal eine Weile allein von Westminster aus regiert wurde. Britannien hat ein politisches System mit 3 Kammern, in denen der König, die Adeligen und die gewählten Volksvertreter sitzen. Die Volksvertreter werden in Wahlkreisen mit ähnlicher Bevölkerungszahl gewählt (mit ein paar Sonderregelungen), wobei von den derzeit 650 Wahlkreisen 533 auf England, 40 auf Wales, 59 auf Schottland und 18 auf Nordirland fallen. Folge davon ist, dass die schottischen Vertreter dort nicht wirklich viel mitbestimmen können, wenn es um die eigene Region geht.
Um die Sache ein wenig dezentraler zu gestalten wurden 1998 bzw. 1999 nach Referenden eigene Regionalparlamente für Nordirland, Schottland und Wales bzw. die Metropole London eingeführt (Devolution). Super Sache, damit werden Kompetenzen in Gesundheitspolitik, Bildung, Wirtschaftsförderung etc. neu verteilt. Aber das britische Parlament kann diese Kompetenzen jederzeit einschränken.
Eigentlich könnte man in dieser Richtung weitermachen und dem schottischen Parlament noch mehr Rechte geben, aber vielen genügt das nicht und da es Politik ist, funktioniert es auch nicht so leicht.

Und hier kommt das Referendum ins Spiel, das hier scherzhaft als "Neverendum" bezeichnet wird, weil sich der Hickhack schon seit ein paar Jahren hinzieht.

Dieses Referendum, das die schottische Regierung vorgeschlagen hat und in dem die schottischen Bürger die Frage beantworten sollten, ob Schottland a) unabhängig b) weiter devolutioniert werden oder c) den Status Quo behalten sollte, hat leider erstmal keinerlei rechtliche Auswirkungen. An dem Bund zwischen England und Schottland ist nichts zu rütteln. Schottland hat einfach gesagt gar nicht das Recht sich unabhängig zu machen.

Aber nachdem die britische Regierung genügend schmerzliche Erfahrungen mit blutigen Auseinandersetzungen im eigenen Land und Unabhängigkeitskämpfen gemacht hat, wurde im Abkommen von Edinburgh am 15. Oktober 2012 festgelegt, dass das doch geht.
Bedingung: Man macht daraus eine Ja/Nein-Frage. Weitere Befugnisse für das schottische Parlament kommen nicht in Frage.

So und jetzt haben wir den Salat. Schottland hat die Möglichkeit wieder ein souveräner Staat zu werden. Unblutig und damit ziemlich beispiellos in der Geschichte.
Nachdem ich mir gestern die Diskussion angehört habe, bin ich für die schottische Unabhängigkeit, wobei mir auch klar ist, dass das eine Entscheidung zwischen Kopf und Herz ist.
Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass Schottland weiterhin Teil des Vereinigten Königreichs bleibt. Hier wird die Mehrheit weder unterdrückt noch muss sie Hunger leiden oder um die eigene kulturelle Identität kämpfen. Klar gibt es Extreme, die dazu führen, dass Schottland benachteiligt wird, aber andererseits gibt es auch viele Vorteile unter dem Schirm der Krone zu sein.

Wie problematisch oder wirtschaftlich sinnvoll das Ganze ist, kann ich nicht sagen und da werden sich auch die Experten schwer tun. Leicht wird es jedenfalls nicht. Aber mir gefällt der Idealismus, mit dem die Befürworter der schottischen Unabhängigkeit an die Sache rangehen. Mehrfach wurde der Begriff "soziale Gerechtigkeit" angesprochen und auch wenn es dafür nicht unbedingt einen unabhängigen Staat braucht und dabei viele Kompromisse eingegangen werden müssen, finde ich, ist das ein Schritt in die richtige Richtung.
Außerdem fand ich das folgende Argument gut: Momentan ist Schottland ein unbedeutender Teil einer globalen Macht, die globale Politik betreibt, könnte mit der Unabhängigkeit aber ein kleines Land sein, dass die adäquate Politik eines kleinen Landes betreibt.

Wer will, kann sich die Argumente für ein unabhängiges Schottland und für den Verbleib beim Vereinigten Königreich auf den folgenden Internetseiten ansehen: http://www.yesscotland.net/ und http://bettertogether.net/ 

Die interessantere Option ist die Schottische Unabhängigkeit allemal, denn es ist überhaupt nicht klar, wie das dann ablaufen wird und wie man z.B. die Währung und die interstaatlichen Verträge neu regelt. Behält Schottland das Pfund? Fliegt es aus der NATO, der EU und den Vereinten Nationen? Oder tritt es vielleicht der OPEC bei?
Und was würde das für den Rest des Vereinigten Königreichs bedeuten? Muss sich die Navy einen neuen Hafen für seine Atom-U-Boote suchen? Muss sich der Monarch des Vereinigten Königreichs in Schottland noch mal extra krönen lassen um anerkannt zu werden? Verliert das Land an Ansehen und steht am Ende isoliert innerhalb der Eurozone? Und wird die Flagge des Vereinigten Königreichs ohne Schottland in Zukunft so aussehen?


Ach und wer sagt denn, dass Orkney und Shetland dann nicht vielleicht auf die Idee kommen sich von Schottland loszusagen?